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Ein trauriger Jahrestag

Säen und ernten. Staunen und danken. Feiern und lachen. Es hätte ein Jahr sein können, in dem das Leben blüht. Aber es kam anders.
 
Am 24. Februar 2022 begann die Invasion der russischen Streitkräfte in die Ukraine. Es folgten Monate unsäglicher Zerstörung und unvorstellbaren Leides. Und bis heute ist Frieden in der Ukraine nicht mehr als der Gegenstand unerfüllter Sehnsucht, nicht mehr als das Anliegen anhaltender Gebete.
 
Unsichtbare Zerstörung
Die Medien haben schon so viele Bilder offensichtlicher Zerstörung verbreitet, dass sich einerseits so manche Menschen in Westeuropa und Übersee daran gewöhnt haben, dass in der Ukraine Krieg herrscht. Andere hingegen können längst nicht mehr hinsehen, weil sie diese Bilder zu sehr belasten. Bei einem kürzlich durchgeführten Online-Treffen der Koordinatoren der Arbeit für Flüchtlinge aus der Ukraine wies Yulia Starodubets (Ukraine) aber auch auf eine Zerstörung hin, die gegen aussen gar nicht sichtbar ist, und die deshalb von Kameras nicht eingefangen werden kann: die im Innern der intern vertriebenen oder ins Ausland geflüchteten Menschen angerichtete Verwüstung und Zerstörung. «Es gibt einen enorm grossen Bedarf an Trauma-Hilfe», fasste sie die Situation zusammen. Und obwohl sich die Regierung nach Kräften um die Bereitstellung entsprechender Angebote bemühe, sehe es die EMK in der Ukraine als ihre Aufgabe an, in dieser Hinsicht tätig zu werden. Zusätzlich zu den ohnehin schon laufenden vielfältigen Aktivitäten für intern vertriebene Menschen konkretisiert sich deshalb immer mehr die Vision eines methodistischen Zentrums für körperlich verletzte sowie für unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidende Menschen. Es gebe eine bedeutende Anzahl von Menschen, die sich für eine Arbeit in diesem Bereich ausbilden lassen wollten, so Yulia Starodubets. Die Unterstützung von Fachleuten aus dem Ausland sei aber ebenfalls willkommen.
 
Auch die EMK in Tschechien möchte sich in der kommenden Zeit prioritär im Blick auf eine umfassende Gesundheit der Menschen in der Ukraine engagieren. Die Bemühungen hinsichtlich einer vorübergehenden Unterbringung und einer sprachlichen, beruflichen und letztlich auch gesellschaftlichen Integration werden nicht gestoppt – im Gegenteil. Jede Unterstützung für die Ukraine sei weiterhin wichtig, heisst es in einem Rundbrief. Aber: «Unsere Priorität hat sich organisch zu Hilfe in Form von medizinischer Unterstützung entwickelt - und das ist die Richtung, in die wir in erster Linie weitergehen möchten.»
 
Auch die EMK in Rumänien ist weiterhin in dieser Hinsicht tätig – wobei das Engagement nicht nur die Lieferung von medizinischen Hilfsgütern umfasst, sondern auch den Transport von Generatoren für die Sicherstellung der Stromversorgung in wichtigen ukrainischen Einrichtungen.
 
Einige weitere Aktivitäten
-     Entgegen der Erwartungen hat die Zahl der Menschen, die in der ersten Winterhälfte in die an die Ukraine angrenzenden Länder geflohen sind, nicht zugenommen. «Durch die Gnade Gottes war es bisher ein milder Winter», nannte Yulia Starodubets aus der Ukraine einen möglichen Grund dafür. Trotzdem: Die Verantwortlichen der EMK in den Nachbarländern der Ukraine bleiben wachsam und halten sich für eine potenzielle Veränderung der Situation bereit.
-     In Rumänien würden in einem zweiten Gemeinschaftszentrum eine breite Palette von Aktivitäten angeboten, so Sarah Putman, Koordinatorin der Arbeit mit geflüchteten Menschen. Musikalische, sprachliche, künstlerische, tänzerische und andere Angebote hätten zum Ziel, das Netzwerk der Kontakte zu stärken, Gemeinschaft zu ermöglichen und die Integration in die rumänische Gesellschaft zu unterstützen. Auffallend ist, dass dieses Zentrum zu 95% von Personen aus der Ukraine geführt wird.
-     Es werden weiterhin Hilfsgüter aus Rumänien, Polen, Tschechien und Ungarn in die Ukraine transportiert. Die EMK in Ungarn unterstützt auch weiterhin eine «humanitäre Küche» in der Westukraine sowie eine Einrichtung für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in der Nähe von Debrecen (Ungarn)
 
Glaube, Hoffnung und Liebe blieben, schrieb Paulus vor 2'000 Jahren an die christliche Gemeinde in Korinth. Schriebe er dies heute als Ermutigung auch den Menschen in der Ukraine? Und sähe er, ein Jahr nach Beginn der Invasion, trotz allem gar ganz feine, verletzliche und doch lebenshungrige Pflänzchen dieses Glaubens, dieser Hoffnung und dieser Liebe? Im Land selber, aber auch unter den Menschen, die in die benachbarten Länder geflohen sind?
 
So oder so: Vielen herzlichen Dank für alle Unterstützung, die es möglich macht, in diesen schwierigen Zeiten Zeichen der Menschlichkeit und der Hoffnung zu setzen.
 
21. Februar 2023 / Urs Schweizer
(basierend auf Berichten aus UA, CZ, HU, PL und RO)