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Aufmerksames Zuhören und respektvolle Gespräche

Vom 20. bis 23. Oktober tagte das Exekutivkomitee der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa der EMK in Budapest. Dass sich die Mitglieder dieses Leitungsgremiums erstmals seit 18 Monaten wieder vor Ort treffen konnten, trug wesentlich zu einer hilfreichen Gesprächsatmosphäre bei.
 
Einen deutlichen Schwerpunkt der Beratungen und Gespräche bildete die Frage, wie die Zukunft des Bischofsgebiets nach den anstehenden Entscheidungen der inzwischen für 2022 geplanten Generalkonferenz aussehen könnte. Es wird erwartet, dass es dann zu einer Trennung innerhalb der weltweiten EMK kommen wird. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen unterschiedliche Haltungen zu Fragen menschlicher Sexualität.
 
Auch für die Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa ist nach heutigem Stand damit zu rechnen, dass einige Teile ausscheiden werden. Die Mitglieder der Tagung nahmen deshalb ein Papier zur Kenntnis, in dem die Konsequenzen einer solchen Trennung in struktureller und finanzieller Hinsicht formuliert wurden.
 
Einige leitende Methodisten aus Bulgarien, der Slowakei und Rumänien hatten unlängst das Eastern Europe Regional Chapter der Wesleyan Covenant Association (WCA), einer Vereinigung von traditionell ausgerichteten Mitgliedern der EMK, gegründet. Auf die Frage, ob dies der erste Schritt zu einer Trennung sei, antwortete der bulgarische Superintendent Daniel Topalski, dass die Entscheidung nicht bei ihm liege, sondern bei den jeweiligen Konferenzen. Falls es in der weltweiten EMK aber zu einer Öffnung im Blick auf den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder die Ordination von homosexuellen Menschen kommen sollte, sei in dieser Kirche zu bleiben für ihn nicht vorstellbar.
 
Im Rahmen der Sitzung in Budapest fand auch ein Treffen eines erweiterten Runden Tisches statt. Dieser Runde Tisch arbeitet daran, wie eine gemeinsame Zukunft aussehen könnte. In den Gesprächen zeigte sich ein wachsendes Vertrauen über die verschiedenen Standpunkte hinweg und eine grundsätzlich offene Gesprächsatmosphäre. Man war bemüht, nicht nur die eigene politische, gesellschaftliche und missionarische Sicht zu berücksichtigen, sondern auch zu fragen, was dies in anderen Kontexten der Kirche bedeuten könnte. Bischof Patrick Streiff formulierte die zugrundeliegende Frage so: «Während ihr euch bemüht, die Mission der EMK im eigenen Land fortzusetzen, damit sie gedeihen kann, wie könnt ihr dazu beitragen, die Mission der EMK in einem anderen Land der Zentralkonferenz, in dem die Rahmenbedingungen ganz anders sind, nicht zu gefährden, sondern sie auch zu fördern?»
 
Ein von Bischof Patrick Streiff verfasstes Dokument bot Gelegenheit zu intensivem, offenem Austausch. Diskutiert wurde dabei unter Nutzung einer Methode, bei der Konsens angestrebt wird. So kam es zu aussergewöhnlich offenen und aufmerksamen Gesprächen, in denen sich die anwesenden Personen mit viel Respekt begegneten.
 
Beim Austausch wurden allerdings auch die Unterschiede zwischen den Mitgliedern deutlich sichtbar. So fand von fünf formulierten Fragen, wie die Kirchenordnung in Zukunft die Realität der Kirche in Fragen der Homosexualität abbilden solle, nur gerade ein Vorschlag eine breitere Zustimmung auf allen Seiten: die Möglichkeit, dass Jährliche Konferenzen abweichend von der gemeinsamen Kirchenordnung ihre eigenen verbindlichen Aussagen zur menschlichen Sexualität festlegen können.
 
Trotz all der Gespräche standen am Schluss keine inhaltlichen Entscheidungen. Beschlossen wurde lediglich, dass eine kleine Arbeitsgruppe die Kirchenordnung so bearbeitet, dass eine breitere Zustimmung bei Fragen des Umgangs mit Homosexualität möglich werden kann. Dies wird dann an der nächsten Tagung des Exekutivkomitee der Zentralkonferenz vorgelegt. Der Runde Tisch soll ab sofort zudem mit einer externen Moderationsperson weitergeführt werden, da die Leitung zunehmend herausfordernd wird. Nach wie vor ist es das Ziel, die Einheit der Zentralkonferenz zu wahren mit so vielen beteiligten Jährlichen Konferenzen und Ländern wie möglich.
 
Für die Wahl eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin für Bischof Patrick Streiff bei der nächsten Tagung der Zentralkonferenz wäre vorgesehen gewesen, dass erstmals die Mitglieder der Jährlichen Konferenzen Pfarrerinnen oder Pfarrer für dieses Amt hätten nominieren können. Dieses Vorgehen wurde im letzten Moment durch einen knappen Mehrheitsbeschluss gestoppt. Vertreter einiger Jährlicher Konferenzen hatten Bedenken angemeldet. Zu wenig bekannt seien die wählbaren Personen der anderen Konferenzen. Die unsichere Situation angesichts einer möglichen Trennung habe zudem eine ganz neue Wirklichkeit geschaffen, in der eine solche Nomination mehr Verwirrung denn Hilfe sein würde.
 
Ob die für 2022 geplante Generalkonferenz überhaupt durchgeführt werden kann, ist angesichts der Corona-Pandemie noch offen. Sollte es erneut zu einer Verschiebung kommen, könnte dies auch die Dienstzeit von Bischof Patrick Streiff noch einmal verlängern. Aus diesem Grund erhielt die Arbeitsgruppe Bischofsamt den Auftrag, gemeinsam mit dem Bischof ihn entlastende Möglichkeiten zu prüfen und gegebenenfalls einzuleiten.
 
Jörg Niederer, Schweiz