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Erdbeben in Albanien – ein Land kommt nicht zur Ruhe

Am frühen Dienstagmorgen, 26. November 2019, wurde Albanien von einem heftigen Erdbeben erschüttert, das zahlreiche Todesopfer und Verletzte forderte, Gebäude zum Einsturz brachte und die Menschen zutiefst schockte.
 
Es ist bei weitem nicht bei diesem einen Erdbeben geblieben – vielmehr hat die seismologische Abteilung des Wissenschaftsinstituts in der albanischen Hauptstadt Tirana in den vergangenen zwei Tagen über 500 Beben registriert. Ein Dutzend davon hatte eine Stärke von mindestens 4,0 auf der Richterskala.
 
Der 28. November wird in Albanien üblicherweise als Unabhängigkeitstag gefeiert. In diesem Jahr wurden aber alle Feierlichkeiten abgesagt. Stattdessen suchen Rettungskräfte fieberhaft nach Überlebenden. Regen und die vielen Nachbeben erschweren ihre Arbeit erheblich. Zwar geschehen Wunder – aber in mehr als 50 Fällen konnte den verschütteten Menschen nicht mehr geholfen werden.
 
Durrës ist die am nächsten beim Epizentrum gelegene Stadt mit einer methodistischen Gemeinde. Aber auch in Tirana verursachten die Beben beträchtliche Schäden. Wilfried Nausner, Superintendent der EMK in Albanien, berichtet von einem Stadtteil Tiranas, in dem viele Häuser relativ alt seien. Überall seien Schornsteine zerbrochen oder zumindest die Dächer. Es seien aber auch viele strukturelle Schäden zu erwarten. Das Gebäude der Kirche des Nazareners, ebenfalls in diesem Stadtteil gelegen, sei behördlich geschlossen worden. Bei zahlreichen anderen Häusern seien ähnliche Massnahmen zu erwarten. Nachdem die Erde schon im September gebebt habe, seien die Häuser damals nicht umfangreich geprüft worden. Dies räche sich nun, weil viele schon vorhandene Schäden durch die neuerlichen Erdstösse nun noch grösser geworden seien. Es seien vor allem die Ärmsten, die nun ihre Wohnungen verlören. Aber selbst von jenen, die ihr Haus noch betreten dürften, trauten sich viele nicht hinein. Zelte würden aufgestellt – bei der zunehmenden Nachtkälte aber nicht einmal eine mittelfristige Option.
 
Zwar seien an den von der EMK in Albanien genutzten Gebäuden keine grösseren, strukturellen Schäden festzustellen, so Superintendent Nausner. Bei den Menschen hingegen sei es anders. Alle Mitglieder der EMK hätten Verwandte und Freunde, die von den Erdbeben betroffen seien. Seine Frau Jean Nausner ergänzt, dass viele dieser Betroffenen nun Zuflucht suchten bei Angehörigen und Freunden, die weiter entfernt leben.
 
Zurück blieben viele, die traumarisiert seien, verängstigt, angespannt – gerade auch jüngere Menschen. Und nicht wenige fragten sich: Was kommt noch?
 
Die Menschen der EMK in Albanien möchten helfen. Sie überlegten, Decken und Kleider zu sammeln, so Superintendent Nausner. Frauen des Nähprojekts in Pogradec nähten heute trotz Feiertag Taschen – der Erlös solle für die Erdbebenopfer in und um Durrës bestimmt sein. Am kommenden Sonntag werde für denselben Zweck in allen fünf EMK-Gemeinden des Landes eine Kollekte gehoben. Darüber hinaus werde geprüft, wie in Zusammenarbeit mit befreundeten evangelischen Gemeinden und anderen Partnern konkrete Hilfe geleistet werden könne. Mustafa Isufi, Pastor der methodistischen Gemeinde in Pogradec, formuliert es so: «Wir möchten angesichts dieser nationalen Katastrophe den Menschen nahe sein und einen Beitrag dazu leisten, ihre Not und Bedrängnis zu lindern.» Den Menschen nahe zu sein – dies charakterisiert die EMK in Albanien ganz grundsätzlich. Es soll auch in dieser schwierigen Zeit für viele erfahrbar werden.
 
Wir danken allen, die in Gebeten und Verbundenheit die Menschen und die EMK in Albanien begleiten.
 
Quelle: Supt. Wilfried und Jean Nausner, Tirana / Urs Schweizer, Assistent des Bischofs Patrick Streiff