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Eine geordnete und möglichst einvernehmliche Trennung ermöglichen

Anfang April hat die Methodistenkirche in Bulgarien und Rumänien entschieden, sich von der der United Methodist Church (UMC) zu trennen. Bischof Patrick Streiff spricht über noch offene Fragen und Konsequenzen für sein Bischofsgebiet.
 
Nach dem Entscheid der Methodistenkirche in Bulgarien und Rumänien: Welche Fragen sind noch offen und müssen geklärt werden?
Grundsätzlich muss nun die Frage geklärt werden, ob eine Jährliche Konferenz ausserhalb der USA überhaupt ohne einen längeren Prozess mit Abstimmungen auf verschiedenen Ebenen aus der UMC ausscheiden kann.
Als Bischof kann ich während einer Sitzung erklären, dass ein Antrag keine ausreichende Grundlage in der Kirchenordnung besitzt oder die Jährliche Konferenz nicht die Kompetenz hat abzustimmen. In einem solchen Fall wird meine Einschätzung zu einer Rechtsfrage, die ich als Bischof verpflichtend dem Rechtshof der UMC vorlegen muss. Gemäss Verfassung der Kirche bleibt diese Frage dann hängig, bis der Rechtshof darüber entschieden hat.
Im vorliegenden Fall habe ich meine Begründung zur Rechtsfrage am 8. April an den Rechtshof eingesandt und darum gebeten, dass die Frage in einem beschleunigten Prozess behandelt wird. Dem Rechtshof liegt bereits eine Anfrage vor, ob eine Jährliche Konferenz in den USA darüber abstimmen könnte, auszuscheiden. Es handelt sich hier also um eine ähnliche Grundfrage, auch wenn es kirchenrechtlich Unterschiede zwischen den beiden Gebieten gibt.
Selbstverständlich hängen an dem Entscheid unter anderem auch finanzielle Folgefragen wie Gehälter, Pensionsgelder oder der Umgang mit Kircheneigentum. Ich möchte aber betonen, dass es weder in der Gegenwart noch in der Zukunft darum geht, den Prozess des Ausscheidens aus der UMC zu erschweren und den entsprechenden Pfarrpersonen und Gemeinden Steine in den Weg zu legen. Mein Anliegen ist vielmehr ein geordneter, rechtmässiger und soweit als möglich einvernehmlicher Trennungsprozess, wie wir ihn ja jetzt mit den Verantwortlichen in Rumänien zu gestalten versuchen.
 
Was bedeutet diese Entscheidung für Dein Bischofsgebiet?
Es ist wichtig wahrzunehmen, dass Bulgarien bestätigt hat, dass sie den Beschluss jetzt umsetzen wollen, auch wenn er – aus meiner Sicht – ohne Rechtsgrundlage zustande gekommen ist. Rumänien hingegen hat mir gegenüber im Nachhinein bestätigt, dass sie zwar aus der EMK ausscheiden und sich der Global Methodist Church anschliessen wollen, dass sie dies aber im Gespräch und in der Suche nach einer respektvollen Lösung unter meiner Leitung tun möchten. Rumänien wird sich deshalb nicht auf den 1. Mai bereits der Global Methodist Church anschliessen.
Seit rund einem Jahr hat die EMK in der Slowakischen Republik – ebenso wie Bulgarien und Rumänien – sich dafür ausgesprochen, die Möglichkeit einer Trennung von der EMK und des Anschlusses an eine traditionelle, methodistische Kirche zu prüfen. Alle anderen Länder arbeiten im Rahmen des «Runden Tischs» an einem gemeinsamen Weg der Zentralkonferenz in die Zukunft, auch wenn die Mehrheit von ihnen sich am liebsten eine Beibehaltung der jetzigen Kirchenordnung wünscht.
 
Hat der Entscheid in Bulgarien und Rumänien Auswirkungen auf die Methodistenkirche in der Schweiz?
Wer in der EMK Schweiz Beziehungen zu bulgarischen oder rumänischen Gemeinden gehabt hat, wird vermutlich ebenso traurig über diese Entwicklung sein, wie ich selbst es bin. Connexio hat – mit seinen beiden Zweigen, hope und develop – in vielfältiger Weise und in jahrelanger Treue die Arbeit in den beiden Ländern unterstützt.
Wir haben schon im vergangenen Jahr alle Länder der Zentralkonferenz darüber informiert, dass mit einem Ausscheiden aus der EMK auch alle Unterstützung über das Bischofsbüro beendet wird. Mit dem Ausscheiden wird also einerseits meine Aufsichtsfunktion über dieses Gebiet beendet, aber zugleich auch alle Hilfestellungen, die bisher über das Bischofsbüro liefen.
Die Methodistenkirche eines Landes, die aus der EMK ausscheidet, hat dann die Möglichkeit, völlig autonom zu entscheiden, mit wem sie in Zukunft Beziehungen und Partnerschaften aufbauen möchte. Insofern ist es durchaus möglich, dass direkte Partnerschaften auf Ebene von Gemeinden oder Bezirken weiter gepflegt werden. Das Bischofsbüro wird aber keine vermittelnden oder unterstützenden Dienste mehr anbieten können.
 
Wird jegliche Zusammenarbeit mit den beiden Ländern nun gestoppt, auch die Unterstützung bei der Hilfe für ukrainische Flüchtlinge?
Die Hilfe für ukrainische Flüchtlinge ist Nothilfe, nicht reguläre Unterstützung für die EMK in einem Land. Deshalb habe ich den Superintendenten noch während der Jährlichen Konferenz gesagt, dass die Nothilfe im Moment noch über das Bischofsbüro weiter erfolgt und wir dann gemeinsam mit den Geberorganisationen regeln müssen, wann die Beziehung direkt in das Land erfolgt und nicht mehr über die Koordination im Bischofsbüro.
 
Welche Gefühle löst diese Entscheidung bei Dir selbst aus?
Das war auch für mich ein schwieriger und trauriger Tag. In schwierigen Führungssituationen ist es mir wichtig, mir meiner eigenen Gefühle bewusst zu bleiben, mich aber nicht von ihnen leiten zu lassen. Das Sprichwort «einen kühlen Kopf bewahren» hat hier eine wichtige Bedeutung, denn es gilt, so respektvoll und sachlich wie möglich zu bleiben, damit spannungsvolle Situationen nicht noch zusätzlich eskalieren. Wie weit mir das gelungen ist, müssen später einmal andere beurteilen, wenn «der Staub sich gelegt hat».
 
Autor: Sigmar Friedrich, Zürich