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Der grossen Not mit vereinten Kräften begegnen

Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine nimmt weiter zu. Mitglieder und Freunde der EMK in den angrenzenden Ländern arbeiten koordiniert und strukturiert. Die Herausforderungen sind jedoch sehr gross – und die Kräfte begrenzt.
 
Seit die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine gekommen sind, haben Mitglieder und Freunde der EMK in den angrenzenden Ländern Hilfsangebote aufzubauen begonnen. Sie bieten den Flüchtenden mindestens für eine kurze Zeit Orte, an denen sie ausruhen und reden können sowie Kleider, zu essen und medizinische Versorgung erhalten.
 
Die Hilfsbereitschaft ist gross. «Die Lager an der Grenze sind voll mit Spenden und die NGOs sind sehr aktiv. Viele Menschen öffnen ihre Häuser, gehen zu den Bahnhöfen, bewerben sich als Freiwillige, spenden Lebensmittel oder andere Materialien, nehmen Flüchtlinge mit dem Auto auf», schildert Milan Mutschler die Situation in Ungarn. Er koordiniert dort die Hilfsaktionen der EMK für die Flüchtlinge.
 
Damit die Flüchtlinge die Hilfe erhalten können, die sie benötigen, ist Zusammenarbeit wichtig. In den Ländern, die direkt oder indirekt an die Ukraine angrenzen, seien die politischen Behörden sehr aktiv, schreibt Urs Schweizer, Assistent von Bischof Patrick Streiff, in einem Bericht am 23. März, in dem er einen Überblick über die Hilfsaktionen der EMK gibt. In einigen Ländern gelte die Kirhe seit längerem als verlässlicher Partner. In anderen machten die Behörden nun diese Beobachtung. Deshalb zeige sich vielerorts die Bereitschaft von Seiten der Behörden, in der Bewältigung der Not zusammenzuarbeiten. Beispielsweise laufen in Pilsen (Tschechien) Gespräche über die Einrichtung einer Kindergruppe für ukrainische Kinder. Auch in Bulgarien wird über die Einrichtung von Zentren für ukrainische Kinder nachgedacht. Zudem gibt es in verschiedenen Ländern auch eine Zusammenarbeit in den Bereichen Essensversorgung (Lebensmittelbank) sowie Sprachkurse für Kinder und Erwachsene.
 
In Rumänien arbeitet die EMK mit anderen, nichtstaatlichen Organisationen zusammen, etwa um sichere Unterkünfte für Flüchtlinge zu finden. Ausserdem versorgt sie in Zusammenarbeit mit Restaurants in der Umgebung Flüchtlinge mit Mahlzeiten. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen hat sich durch die Situation verändert. «Wir können uns heute mutig gegenseitig fragen – und die Türen öffnen sich», schildert etwa der methodistische Pfarrer Bence Vigh die Situation in Ungarn.
 
Die Hilfsaktionen der EMK haben vier Schwerpunkte: An vielen Orten werden Unterkünfte für Flüchtlinge angeboten oder organisiert. In Cluj-Napoca (Rumänien) etwa können jeweils 20 bis 30 Personen aufgenommen werden. Hier werden aber auch jene, die längerfristig bleiben wollen, bei der Suche nach einer dauerhaften Unterkunft unterstützt. «In den letzten drei Wochen wurden so etwa 70 Menschen in Cluj-Napoca untergebracht», schreibt Schweizer.
 
Die Flüchtlinge mit Mahlzeiten und Lebensmitteln zu versorgen ist ein weiterer Schwerpunkt der Hilfe, die die von der EMK erbracht wird. «Dort, wo Flüchtlinge untergebracht sind, erhalten sie auch Mahlzeiten von den örtlichen Kirchen oder von Kirchenmitgliedern.»
 
Ausserdem erhalten die Flüchtlinge Kleidung und Schuhe: Diese würden entweder vor Ort gekauft oder aus dem Umfeld der methodistischen Gemeinden gespendet. «Bisher waren die Ortsgemeinden in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien zurückhaltend, Lastwagen mit gebrauchten Kleidern und Schuhen aus Westeuropa entgegenzunehmen, solange alles in den jeweiligen Ländern gekauft werden kann oder von Einheimischen gespendet wird», schreibt Schweizer. Anders allerdings sei die Lage in der Ukraine selbst, da dort bereits viele Waren nicht mehr erhältlich seien.
 
Dies ist denn auch eine vierte Weise, wie Mitglieder und Freunde der EMK Hilfe leisten: Aus Tschechien, Polen, der Slowakei, Ungarn und Rumänien sind bereits mehrfach Personen mit Hilfsgütern in die Ukraine gefahren. Dabei kommen langjährige Beziehungen zwischen Methodistinnen und Methodisten in diesen Ländern und jenen in der Ukraine zum Tragen.
 
«Diese Arbeit ist nur möglich durch die engagierte Arbeit von lokalen Kirchenmitgliedern und Fachleuten, die bereit sind, ihre Freizeit für diese Sache zu opfern», heisst es in einem Rundschreiben aus Tschechien. Wenn Flüchtlinge nur für eine sehr kurze Zeit blieben, sei eine hohes Mass an Flexibilität seitens der Helferinnen und Helfer erforderlich, schreibt auch Schweizer. «Und die Freiwilligen arbeiten hart, wenn es um die Zubereitung von Mahlzeiten, das Waschen der Wäsche usw. geht.»
 
«Die Helferinnen und Helfer sind kommen manchmal an ihre Grenzen», sagt Sarah Putman. Sie koordiniert die Hilfsaktionen der Methodistenkirche in Rumänien. «Wir müssen uns an die neuen ‹normalen› Arbeitszeiten, den Zeitplan, die Bedürfnisse und die Priorität der Hilfe für unsere neuen Freunde gewöhnen und gleichzeitig andere Aktivitäten der Kirchgemeinden aufrechterhalten.»
 
Die Menschen, die kommen und gehen, sind sehr unterschiedlich. Ihnen die notwendige Unterstützung auf ihrem Weg zu geben, bleibt eine grosse Herausforderung. «Was all diese Menschen gemeinsam haben, ist die Sehnsucht nach einem sicheren Ort», schreibt Schweizer, «die Sehnsucht nach Sicherheit, Frieden, einer hoffnungsvollen Zukunft – und in vielen Fällen die Angst um die noch in der Ukraine lebenden Familienangehörigen.»
 
Die Sorge um die Angehörigen können die Menschen der EMK ihnen nicht nehmen. Doch dass sie sichere Orte finden – wenigstens für einen kurzen Moment –, dafür setzen sie sich ein.
 
Autor: Sigmar Friedrich, Zürich