Ende November 2025 fand in Cluj-Napoca (Rumänien) zum neunten Mal die «Gala der Jugend» statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden Projekte ausgezeichnet, die von und mit Jugendlichen durchgeführt werden. Das Programm «Mehr als Boxen» wurde von den Jurys gleich zweier Kategorien auf den ersten Platz gesetzt. Was überraschen mag: Nicht ein Sportverein steht hinter diesem Programm; vielmehr ist es eine berührende Form eines «Kircheseins für andere».
Rund 150 Projekte waren im Vorfeld der «Gala der Jugend» eingereicht worden – in den Kategorien «Inklusion und Diversität», «Grün, Ökologie und Nachhaltigkeit», «Zivilgesellschaftliches Engagement», «Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit», «Gesundheit und Wohlbefinden», «Kunst und Kultur» sowie «Bildung».
Die Verantwortlichen des eng mit der Evangelisch-methodistischen Kirche in Cluj-Napoca verbundenen Programms «Mehr als Boxen» hatten für ihr Unterwegssein mit jungen Menschen der Stadt zwei Kategorien ausgewählt: «Inklusion und Diversität» sowie «Gesundheit und Wohlbefinden». Die Jurys beider Kategorien waren so begeistert, dass sie das Programm auf den ersten Platz setzten. Um auch andere wertvolle Initiativen sichtbar zu machen und zu würdigen, wurde beschlossen, «Mehr als Boxen» nur in der Kategorie «Inklusion und Diversität» auszuzeichnen.
«Mehr als Boxen» wurde 2024 gegründet und ist ein Programm des diakonischen Zweigs der EMK in Rumänien, welcher als Verein Phoneo organisiert ist. Sieben weitere NGOs und drei Sportvereine schlossen sich später als Partner an und tragen zur Umsetzung des Programms bei. Die Wurzeln, die Identität und die Gesamtkoordination liegen jedoch weiterhin bei Phoneo und der EMK in Rumänien.
Das Ziel besteht darin, den Boxsport als Tor zu einer umfassenden und tiefgreifenden Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen. Was die Gesellschaft zu trennen versucht, wird in diesem Projekt zusammengeführt. Rund 150 junge Menschen nehmen pro Jahr daran teil. Sie befinden sich auf dem Weg aus einer Drogensucht, sind traumatisiert, gehören zur marginalisierten Bevölkerungsgruppe der Roma, sind aus einem anderen Land nach Rumänien geflohen, leben mit einer körperlichen Behinderung oder mit anderen Herausforderungen. Was sie verbindet, ist ihre Verletzlichkeit, ihre Isolation und – in vielen Fällen – ihr fehlendes Selbstwertgefühl.
Wie der Name sagt, ist der Boxsport nur ein Teil des Programms. Neben Einzel- und Gruppentrainings sowie der Teilnahme an Wettkämpfen sind Mentoring, Beratung und Therapie ebenso wichtige Elemente. Es ist diese Mischung, die hoffnungsvolle Wirkung zeigt: Junge Menschen werden in ihrer Identität und in ihrem Selbstwert gestärkt. Durch die erfahrene Wertschätzung machen sie bedeutende Schritte in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie spüren, dass ein Wandel möglich ist – weil sie Teil einer Gemeinschaft sind, in der sie als Menschen gesehen werden, nicht als Probleme. Sie öffnen sich und lernen konstruktive Verhaltensweisen im Umgang mit Schwierigkeiten. Dadurch wächst Vertrauen und Zuversicht für die Gegenwart und Zukunft. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist dabei auch die glaubwürdige und verlässliche Leitung durch Personen, welche selbst die Transformation durchlebt haben, auf die hin sie mit den jungen Menschen arbeiten.
Anca Beu, die viele Projekte und Programme der EMK in Cluj-Napoca koordiniert, bezeichnet die Auszeichnung als grosse Ermutigung für das gesamte Team. «Der Start war ein Schritt ins Unbekannte, ohne garantierte finanzielle Mittel. Und unsere Reise bis hierher bedeutete viel Arbeit, konstante Bemühungen, Momente der Enttäuschung, Grenzen auf dem Prüfstand…» Die Auszeichnung ändere nichts an der Ausrichtung oder den Werten von «Mehr als Boxen». Es sei vielmehr ein Zeichen von Gottes Segen über der Arbeit, die Gott ihnen anvertraut habe. «Es stärkt unseren Glauben daran, dass Gott in unserer Arbeit gegenwärtig ist und dass er dieses Programm nutzt, um Hoffnung und Heilung in das Leben junger Menschen zu bringen. Gleichzeitig sehen wir diese Anerkennung auch als Zeichen dafür, dass es uns gelingt, auf diskrete und sehr praktische Weise eine geistliche Arbeit in den Alltag der Stadt zu integrieren. Wir möchten die Hände und Füsse Gottes im Leben dieser jungen Menschen sein, ohne unseren Glauben laut zu verkünden, sondern indem wir Taten, Beziehungen und ständige Präsenz sprechen lassen.»
Quelle: Anca Beu, Cluj-Napoca / Bearbeitung: Urs Schweizer, Zürich