Logo

Eine helfende Hand

Als im Februar/März 2022 als Folge der Invasion russischer Streitkräfte viele Menschen aus der Ukraine ihre Heimat verliessen, wurden in direkt oder indirekt angrenzenden Ländern unzählige Initiativen im Blick auf Nothilfe und weitergehende Unterstützung der geflüchteten Menschen ins Leben gerufen. Auch die Evangelisch-methodistische Kirche in Jihlava (Tschechien) wurde aktiv – und ist es bis heute geblieben. Der Fokus der Hilfsbemühungen allerdings hat sich verändert.
 
Von den Menschen aus der Ukraine, die in Jihlava geblieben und nicht in andere europäische Länder weitergezogen oder in ihre Heimat zurückgekehrt sind, haben die meisten eine Wohnung beziehen können. Jene, die sich im erwerbsfähigen Alter befinden, haben in der überwiegenden Mehrheit auch eine Arbeitsstelle gefunden.
 
Dies bedeutet zwar nicht, dass keinerlei humanitäre Hilfe mehr geleistet würde – hier ein Kinderwagen für Zwillinge beispielsweise, dort ein Doppelbett für zwei Mädchen – aber sie geschieht in einem Rahmen, der zu einem grossen Teil mit eigenen Mitteln gedeckt werden kann. Mindestens so wichtig wie die humanitäre Hilfe ist aber die Begleitung und Beratung einzelner Personen und Familien. Die Verantwortlichen der EMK-Gemeinde in Jihlava haben sich diesbezüglich im Unterwegssein mit über 300 Menschen als verlässlich und hilfsbereit erwiesen. In der Übersetzungshilfe bei Behördengängen und der Beschaffung und Erstellung von offiziellen Dokumenten. In der Sicherstellung von Kindergarten- und Schulplätzen für Kinder und im Blick auf eine Vermittlung bei schulischen Problemen. In der Begleitung bei medizinischen Untersuchungen oder hinsichtlich psychologischer Abklärungen…
 
Die Integration der geflüchteten Menschen aus der Ukraine hat aber schon seit längerer Zeit auch eine andere Ebene erreicht. Das «Wir und Ihr» ist zu einem gemeinsamen «Wir» verschmolzen. Die Gottesdienste der Gemeinde werden auf Russisch übersetzt – von rund 30 Erwachsenen und Kindern aus der Ukraine, die zum engeren Umfeld der Gemeinde gehören, sind im Durchschnitt jeden Sonntag deren zehn anwesend. Ein Mitglied der Gemeinde mit Wurzeln in einem der besetzten Gebiete der Ukraine leitet diese Arbeit mit russisch- und ukrainischsprachigen Menschen. Dabei findet auch eine Vernetzung mit der russischsprachigen Agapé-Gemeinde der EMK in Prag statt. Es ist auffällig, wie hier ein echtes Miteinander ukrainisch- und russischsprachiger Menschen möglich ist.
 
Daneben gibt es aber auch Angebote im Blick auf das Erlernen der tschechischen Sprache – Unterstützung von Kindern, die am schulischen Unterricht in einer ihnen fremden Sprache teilnehmen, Konversationsangebote für Erwachsene, Bibelstunden auf Tschechisch, deren Ziel auch darin besteht, biblische Ausdrücke, von denen in den tschechischsprachigen Sonntagsgottesdiensten zu hören ist, in der Sprache der neuen Heimat zu vermitteln.
 
Schliesslich sind auch Gemeindefreizeiten, Kirchenkaffee oder Camps für Kinder und Jugendliche zu einem vielfältigen, internationalen und hoffnungsvollen Miteinander geworden.
 
Die Bedürfnisse der Menschen haben sich gewandelt, und auch die Gesellschaft als Ganzes ist nicht mehr dieselbe wie vor gut drei Jahren. Die «Helfende Hand», wie das Motto des Unterwegsseins mit Menschen aus der Ukraine lautet, hilft heute anders als früher. Die Herzen jedoch sind dieselben geblieben: weit, achtsam, von Liebe erfüllt.
 
Quelle: Pastor Ctirad Hrubý, Jihlava / Urs Schweizer, Assistant des Bischofs, Zürich